Es war 1976, als Castrop-Rauxel ein Stück weniger Castrop-Rauxel wurde. Statt an ihrem Opel Kadett wie eh und je durch «CAS» zu zeigen, wo sie herkamen, mussten sie die liebgewonnenen Schilder abschrauben und statt dessen ein schnödes «RE» am Einser Golf oder Ford Capri durch die Gegend fahren.
Das saß. Und es saß tief. «RE» steht für Recklinghausen, und was bitte hat Castrop-Rauxel mit Recklinghausen zu tun? Dann kamen die 1980er, der Zweier Golf, der Santana, der Opel Senator und der Fiat Panda (neben Kohl, Punk und Tschernobyl). Die Mauer fiel, und Städte von A wie Rostock über I wie Berlin bis Z wie Cottbus mussten sich an neue Autokennzeichen gewöhnen (neben Kapitalismus, Arbeitslosigkeit und blühenden Landschaften).
CAS: Der Traum der Castrop-Rauxeler bleibtDie Castrop-Rauxeler fuhren jetzt Autos mit so komischen Namen wie Clio, Sharan oder gar Kia, sie aßen Sushi und reisten nach Indien, doch auch die Luft der großen weiten Welt konnte ihren alten Traum nicht aus den Köpfen wehen: Wieder ein «CAS» über der Stoßstange zu haben.
Und was lange schwelt brennt irgendwann. Weil sie das Schicksal mit unzähligen weiteren, klangvollen deutschen Städten teilten wie Dinslaken, Gladbeck, Amberg-Sulzbach oder Bernkastel-Kues gewannen die Castrop-Rauxeler an Fahrt: Genau 45 Jahre danach hat die Verkehrsministerkonferenz erkannt, dass ein verschlankter Verwaltungsaufwand dauerhaft nicht bestehen kann gegen die tiefen Wurzeln des mobilen Menschen.
Wann kommt der C64 in die Büros?Schon im April beschloss sie: Die alten Nummernschilder dürfen wieder her. Und eine Umfrage der Universität Heilbronn (Kennzeichen seit eh und je «HN») unter 25.000 Menschen in 100 Städten untermauerte das: 73 Prozent sind für die Wiedereinführung. Eine erneute Umfrage aus «HN» hat jetzt ergeben: 150 Städte sind dabei! Jetzt müssen die Bundesländer nur noch die Fahrzeugzulassungsverordnung ändern, dann ist endlich alles gut.
Ob das verbeulte Schild vom Käfer an den neuen Elektroflitzer passt? Derartige Details sind irrelevant angesichts der Frage: Wann steht endlich der C64 in den Büros? Wann steht Freddy Mercury auf und singt Bohemian Rhapsody? Zieht David Bowie nach Schöneberg? Wann gibt es endlich wieder
Sommer wie 1976? Lohnerhöhungen von elf Prozent? Den autofreien Sonntag?
Wenn schon, denn schon. Da kann der Heilbronner Professor Ralf Borchert, der die Umfrage angestoßen hat, gleich weitermachen.
Nur eine Kleinigkeit wäre noch zu klären: Wie finden eigentlich die Rauxeler, dass es hier immer nur um «CAS» geht?
Dieser Artikel ist bei news.de erschienen.